Oberhalb des Dorfes Haute-Nendaz befindet sich ein friedliches, grünes Plateau, das von Wäldern umgeben ist und Sofleu heisst. Dort sind die Wiesen saftig und mit duftenden Blumen übersät. Am Rande dieser fast unberührten Wälder steht noch heute ein altes, verlassenes Chalet, das düster aussieht und fast verfallen ist. Es ist ein Geisterhaus und hier ist seine Geschichte.
Seit jeher liebt der Walliser das Tanzen, obwohl es von der Kirche verboten wurde, die es als gefährliches Spiel verurteilte. Um der Aufsicht des Pfarrers zu entgehen, trafen sich also die jungen Leute von Nendaz sonntags regelmässig zum Tanzen im Chalet von Sofleu. Eines Tages, vor weit über hundert Jahren, kam an Mariä Himmelfahrt mitten im Tanz ein grosser, reich gekleideter Herr herein und bat darum, tanzen zu dürfen.
Die jungen Nendettes, wie die Bewohnerinnen von Nendaz genannt werden, weigerten sich jedoch, ob aus Schüchternheit oder aus Misstrauen, mit dem Fremden zu tanzen. Eine einzige von ihnen, die mutiger war und La Mauguette genannt wurde, nahm das Angebot des Fremden an. Der grosse Mann nahm das tollkühne Mädchen in seine Arme und begann mit ihr eine Sarabande zu tanzen, die bei denen, die zuschauten, ein Schindelgefühl auslöste. Dieser Herr war zweifelsfrei geheimnisvoll, es war wirklich kein gewöhnlicher Mann; sein rotes, knochiges Gesicht hatte etwas Spöttisches und seine Kleider verströmten einen seltsamen Geruch.
Unter den Jungs aus Nendaz befand sich einer, der, von Gewissensbissen geplagt, sein Messbuch aus der Tasche zog und begann, das Johannesevangelium zu lesen. Sofort sah man mit Entsetzen, wie der grosse Mann und seine Tanzpartnerin durch das offene Fenster in einem Flammenwirbel nach draussen gezogen wurden. In den Moment bemerkten alle, dass der geheimnisvolle Tänzer gespaltene Füsse hatte. Es war also der Teufel gewesen!